Wenn Populisten Parteien kapern – Der Trump-Spuk ist nicht vorüber
09/11/2020
Wenn Populisten Parteien kapern – Der Trump-Spuk ist nicht vorüber
Die US-Fernsehanstalten haben Trumps Abwahl als erste bekannt gegeben.
Kein nationaler Wahlleiter, keine neutrale Institution, kein überparteilicher
Politiker, nein, es waren die Medien, die nach einer dramatischen
Stimmauszählung Jo Biden zum Wahlsieger kürten! Trumps verhasste Medien – sogar
Fox News war dabei – haben im entscheidenden Augenblick funktioniert, sie waren
allein der Wahrheit verpflichtet. Sie haben an diesem Tag unter Beweis
gestellt, wie wichtig sie als Behüter der Demokratie sein können.
Trotzdem
glauben mehr als genug US-Bürger, Wahlergebnisse würden per Twitter vom
Präsidenten verkündet. Trump ist es in nur vier Jahren gelungen, aus Millionen
von Amerikanern blindwütige Eiferer zu machen, sie mit simplen Botschaften zu
verführen. Wir Deutsche kennen unsere Geschichte und haben daher keinen Anlass
zu hämischen Kommentaren über diese politische Radikalisierung. Doch aus
historischer Erfahrung müssen bei uns alle Alarmglocken schrillen. Trump’s
Präsidentschaft hat gezeigt, wie schnell es Populisten gelingt, eine
demokratische Partei zu kapern, sie für eigene Interessen zu missbrauchen und
gefügig zu machen. Es wird mit Spannung zu beobachten sein, ob und wie die
Republikaner nach dieser Attacke wieder auf die Beine kommen.
Dass ähnliche
Prozesse ebenfalls in Europa möglich sind, erleben wir nicht nur in Ungarn oder
Polen. Und in Deutschland sollte niemand glauben, wir wären völlig immun vor
solchen Versuchen. Das gilt auch für eine große Volkspartei, die in den
kommenden Monaten einen neuen Vorsitzenden – und Kanzlerkandidaten? – sucht. Die
CDU sollte die demokratiefeindliche Trump-Übernahme im Hinterkopf haben, wenn
sie einen der drei Kandidaten wählt. Im Angebot ist ein Politiker, der eine
leichte Neigung zu trumpischen Attitüden vermuten lässt. Ein Friedrich Merz
polarisiert gerne, schätzt forsche Sprüche und klare Kante. Ausgeglichenheit
und Besonnenheit sind nicht unbedingt seine Attribute. Dass ausgerechnet die
Junge Union hinter ihm herläuft, lässt nichts Gutes ahnen. Gewiss, Merz ist kein
Populist, wer aber behauptet mit Leuten wie Trump „gut klar zu kommen“, könnte
sich irgendwann anpassen.
Der Trump-Spuk
ist noch nicht vorüber, auch wenn er seine Niederlage eingestehen sollte. Er
wird weiter attackieren, wird evtl. mit Steve Bannon ein „Far-right
Medienimperium“ gründen und damit die politischen Koordinaten auf dem Spielfeld
der Demokratie verschieben. Er wird dafür Finanziers bekommen, denn mit der
Verbreitung von Hass lässt sich bekanntlich Geld verdienen. Und er wird zu
allem Unglück in Europa seine Anhänger finden.
Rotger H. Kindermann
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When Populists Capture
Parties –The Trump Phantom isn’t Over
The US television broadcasters were the first to announce Trump’s
withdrawal. No national election leader, no neutral institution, no
non-partisan politician, no, it was the media who reduced Jo Biden to the
victory after a dramatic vote count! Trump’s hate media – even Fox news was
there – worked at the crucial moment. They were only committed to the truth. On
that day they demonstrated how important they can be as guardians of democracy.
Nevertheless,
more than enough US citizens believe that election results are announced by the
President via Twitter. In just four years, Trump has managed to turn millions
of Americans into blind-minded zealousy and seduce them with simple messages.
We Germans know our history and therefore have no reason to embarrass on this
political radicalisation. But from our historical experience, all of us have to
shout alarm bells. Trump’s Presidency showed how quickly populists manage to
capture a democratic party, abuse it for their own interests and make it fit
for purpose. It will be interesting to see whether and how the Republicans are
getting back on their feet after this attack.
We are seeing
that similar processes are also possible in Europe, not only in Hungary or
Poland. And in Germany, no one should believe that we are completely immune to
such attempts. This also applies to a major People’s Party which is looking for
a new chairman – and candidate for Chancellor? – in the coming months. The CDU
should have the anti-democratic Trump takeover behind its head when it elects one
of the three candidates. There is a politician on offer who suggests a slight
tendency to commit trumpant acts. A Friedrich Merz loves polarizing,
appreciates research speeches and clear edges. Balance and prudence are not
necessarily his attributes. There is nothing good to suggest that the young
Union of all people is coming after him. Of course, Merz is not a populist, but
anyone who claims to be doing well with people like Trump could eventually
adapt.
The Trump phantom
is not over, even if he concedes his defeat. He will continue to attack,
possibly with Steve Bannon, to set up a “far-right media empire”, thus shifting
the political coordinates on the playground of democracy. He will receive
financiers for this because, as we know, the spread of hatred makes it possible
to earn money. And he will find his supporters for everything that happens in
Europe.
Rotger
H.Kindermann